Das neue Unterhaltsrecht

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Der nach dem neuen Unterhaltsrecht geltende Vorrang des Unterhalts minderjähriger Kinder gegenüber Ehegatten gilt für das gesamte verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen und schließt daher grundsätzlich auch den Splittingvorteil aus dessen neuer Ehe ein. Das gilt selbst dann, wenn das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht ausreicht, um alle Unterhaltsansprüche vollständig zu erfüllen (Mangelfall).

Geschiedene Eheleute stehen nach der Unterhaltsrechtsreform nur dann im gleichen zweiten Rang zu den neuen Ehepartnern, die ein Kind versorgen, wenn eine lange Ehedauer vorliegt. Dabei ist aber nicht allein auf die Dauer der Ehe abzustellen, sondern entscheidend darauf abzustellen, ob die unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau ehebedingte Nachteile erlitten hat.

Die Möglichkeit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts des Elternteils eines nichtehelich geborenen Kindes aus elternbezogenen Gründen kann sich um so mehr der Verlängerungsmöglichkeit beim nachehelichen Betreuungsunterhalt annähern, als die Beziehung der Eltern einer Ehe vergleichbar war. Auch wenn ein Kind ganztags im Kindergarten betreut wird, führt dies noch nicht zwangsläufig zu einer vollschichtigen Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils.

Einem geschiedenen alleinerziehenden Ehepartner ist auch nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform zum 01.01.2008 nur zumutbar, neben der Betreuung zweier Kinder im Grundschulalter einer Teilzeittätigkeit (hier: fünf Stunden) nachzugehen. Er muss allerdings gegebenenfalls bestehende Kinderbetreuungsplätze nutzen und im Einzelfall beweisen, dass keine Betreuungsmöglichkeiten bestehen.

Die Neuregelung des Unterhaltsrechts seit dem 01.01.2008 hat nach Ansicht des OLG Düsseldorf eine neue Berechnungsmethode notwendig gemacht. Damit der Partner aus erster Ehe nicht von der zweiten Ehe des Unterhaltspflichtigen profitiert - wenn der neue Partner beispielsweise viel verdient - kann der Unterhaltsanspruch des Partners aus erster Ehe danach auf den Betrag begrenzt werden, der ihm zustünde, wenn der Unterhaltspflichtige nicht erneut geheiratet hätte.

Am 28.12.2007 wurde das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit kann es, wie geplant, zum 1.1.2008 in Kraft treten. Ebenfalls verkündet wurde das Erste Gesetz zur Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes, das auch am 1.1.2008 in Kraft tritt. Die Dritte Verordnung zur Änderung der Kindesunterhalt-Vordruckverordnung folgte am 31.12.2007, die unter anderem den Vordruck für den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt enthält. Die Verordnung tritt am 1.1.2008 beziehungsweise ein Tag nach der Verkündung in Kraft.

Das OLG Düsseldorf hat am 17.12.2007 die neue Düsseldorfer Tabelle zur Berechnung der Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder vorgestellt. Die Tabelle tritt zum 1.1.2008 in Kraft. Ihre letzte Aktualisierung stammt zwar erst vom 1.7.2007. Eine Neufassung war aber wegen der zum 1.1.2008 in Kraft tretenden Reform des Unterhaltsrechts erforderlich geworden. Da hiernach für Trennungskinder in Ost und West erstmals gleiche Unterhaltssätze gelten, entfällt die bisherige Berliner Tabelle.

Der Bundesrat hat am 30.11.2007 auf einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses zur geplanten Unterhaltsrechtsreform verzichtet. Daher kann das Einspruchsgesetz wie geplant zum 1.1.2008 in Kraft treten. Schwerpunkte der Reform sind die Gleichstellung verheirateter und unverheirateter Eltern bei der Dauer des Betreuungsunterhalts, der Vorrang der Unterhaltsansprüche der Kinder in so genannten Mangelfällen und eine Stärkung der nachehelichen Verantwortung.

Der Bundestag hat am 9.11.2007 das neue Unterhaltsrecht verabschiedet, das zum 1.1.2008 in Kraft treten soll. Wir stellen Ihnen exklusiv in einer synoptischen Übersicht das noch geltende Recht und (in konsolidierter Fassung) die zum 1.1.2008 in Kraft tretenden neuen Vorschriften vor. Um direkt zur Synopse zu kommen, klicken Sie bitte hier (PDF-Datei).

Der Bundestag hat am 9.11.2007 in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts beschlossen. Die ursprünglich schon für dieses Frühjahr geplante Verabschiedung des Gesetzes war wegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 9/04 vom 28.2.2007 kurzfristig vertagt worden. In seiner nunmehr verabschiedeten Fassung trägt das Gesetz den Vorgaben des BVerfG Rechnung. So wird die Dauer des Betreuungsunterhalts für geschiedene und nicht verheiratete Mütter und Väter gleich bemessen (§§ 1570 Abs. 1, 1615l Abs. 2, S. 3 und 4 BGB).

Eine Zusammenstellung des Gesetzestextes mit amtlicher Begründung. Zusammengestellt von Jörn Hauß, Fachanwalt für Familienrecht

Die nach geltendem Recht bestehende unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder ist verfassungswidrig. Art. 6 Abs. 5 GG verbietet es, mit zweierlei Maß zu messen und ehelichen Kindern eine erheblich längere persönliche Betreuung zuzugestehen als nichtehelichen Kindern. Der Gesetzgeber muss bis zum 31.12.2008 eine verfassungskonforme Neuregelung schaffen. Bis zum Inkrafttreten der Neuregelung kommen die bestehenden Regelungen allerdings weiter zur Anwendung.

Ein nachehelicher Karrieresprung ist auch nach der neueren Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nicht als eheprägend zu berücksichtigen (im Anschluss an das Senatsurteil BGH v. 15.3.2006 – XII ZR 30/04, BGHReport 2006, 781 m. Anm. Luthin = MDR 2006, 1235 = FamRZ 2006, 683). Anderes gilt für eine Verringerung des Nettoeinkommens, wenn der Unterhaltspflichtige nach Rechtskraft der Ehescheidung in eine Religionsgemeinschaft eintritt.

§ 1612b Abs. 5 BGB ist auf privilegierte volljährige Kinder (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) weder direkt noch entsprechend anwendbar.

Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1579 BGB kommt die Annahme einer Erwerbsobliegenheit der Berechtigten, die einen Unterhaltsanspruch aus § 1361 BGB oder § 1570 BGB wegen Kindesbetreuung hat, bereits mit der Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes in Betracht. Bestehende Betreuungsmöglichkeiten sind zu nutzen.

Die Änderung der BGH-Rechtsprechung (BGH v. 15.3.2006 – XII ZR 30/04, BGHReport 2006, 781 = FamRZ 2006, 686) zur Eheprägung von nach Rechtskraft der Scheidung geborenen Kindern führt dazu, dass auch auf außergewöhnlichen Einkommensentwicklungen infolge Karrieresprungs beruhende Einkünfte der Ehegatten die ehelichen Lebensverhältnisse prägen.

Die zeitliche Begrenzung und Herabsetzung des Unterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB richtet sich nicht nach einer absoluten Ehedauer, sondern hängt insbesondere vom Eintritt ehebedingter Einbußen ab, die nicht mehr ausgeglichen werden können.

Konkurriert ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach langjähriger Ehe (mehr als 23 Jahre) mit dem Anspruch des kinderbetreuenden Ehegatten in einer neuen Ehe, ist es zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Ergebnisses geboten, § 1582 Abs. 1 BGB in der Weise auszulegen, dass es sich um keine Ehe von „langer Dauer” handelt und beide Ansprüche gleichrangig sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Aufstockungsunterhalt lediglich dazu dient, dem geschiedenen Ehegatten einen die eigene, eheunabhängige Lebensstellung übersteigenden Lebensstandard zu sichern.

Die grundsätzliche Befristung des Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter auf die Dauer von drei Jahren ab Geburt des Kindes bewirkt keine verfassungswidrige Schlechterstellung des nichtehelich geborenen Kindes gegenüber ehelich geborenen Kindern.

Beruht die Einkommensdifferenz zwischen Ehegatten auf fortwirkenden ehebedingten Nachteilen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten, kommt eine zeitliche Befristung des Aufstockungsunterhalts gem. § 1573 Abs. 5 BGB in der Regel auch bei kurzer Ehedauer nicht in Betracht. In anderen Fällen steht die lange Ehedauer einer Befristung regelmäßig nur dann entgegen, wenn und soweit es für den bedürftigen Ehegatten – namentlich unter Berücksichtigung seines Alters im Scheidungszeitpunkt – unzumutbar ist, sich dauerhaft auf den niedrigeren Lebensstandard, der seinen eigenen beruflichen Möglichkeiten entspricht, einzurichten.

Der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Ehegattenunterhalt (Ehegattenselbstbehalt) kann nicht generell mit dem Betrag bemessen werden, der als notwendiger Selbstbehalt gegenüber Unterhaltsansprüchen minderjähriger oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter Kinder im Rahmen des Verwandtenunterhalts gilt. Er ist vielmehr in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) und dem notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB) liegt (Fortführung von BGH, Urt. v. 1.12.2004 – XII ZR 3/03, BGHReport 2005, 429 = MDR 2005, 576 = FamRZ 2005, 354 ff.).

Das staatliche Kindergeld ist in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes anzurechnen.Auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes ist seine - um eine Ausbildungspauschale verminderte - Ausbildungsvergütung ebenfalls in vollem Umfang bedarfsdeckend anzurechnen.
Beides gilt auch dann, wenn das Kind noch im Haushalt eines Elternteils lebt, der mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.

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Rahm/Künkel
Handbuch des Familiengerichtsverfahrens
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Ehinger/Griesche/Rasch
Handbuch Unterhaltsrecht, 5. Auflage
Ansprüche – Berechnung – Strategien – Durchsetzung
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