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Zum Bedarf und zur Dauer des Betreuungsunterhalts im Fall nichtehelich geborener Kinder

Die Möglichkeit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts des Elternteils eines nichtehelich geborenen Kindes aus elternbezogenen Gründen kann sich um so mehr der Verlängerungsmöglichkeit beim nachehelichen Betreuungsunterhalt annähern, als die Beziehung der Eltern einer Ehe vergleichbar war. Auch wenn ein Kind ganztags im Kindergarten betreut wird, führt dies noch nicht zwangsläufig zu einer vollschichtigen Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils.

Der Sachverhalt:
Die 1968 geborene Klägerin und der sechs Jahre ältere Beklagte wurden ein Paar, als die Klägerin von ihrem früherem Ehepartner getrennt lebte. Mit diesem hatte sie einen gemeinsamen ehelichen Sohn. Klägerin und Beklagter zogen 1997 zusammen, als die Klägerin erneut schwanger war. Nach der gemeinsamen Tochter folgte 2001 ein weiteres Kind. Ein Jahr später trennte sich das unverheiratete Paar. Seit 2004 hat die Klägerin einen neuen Freund. Im gleichen Jahr heiratete der Beklagte seine neue Partnerin.

Das OLG hatte den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Betreuungsunterhalt, zuletzt in Höhe von monatlich 216 Euro, zu zahlen. Diesen Anspruch beschränkte es bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs des jüngsten gemeinsamen Kindes. Auf die Revision der Klägerin, die einen unbefristeten Unterhalt in Höhe von monatlich 1.335 Euro begehrte, und die Anschlussrevision des Beklagten, der Klagabweisung und Rückzahlung eines Teils des in der Vergangenheit geleisteten Unterhalts anstrebte, hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Klägerin richtet sich nach der Lebensstellung, die sie ohne die Geburt des Kindes selbst finanzieren würde. Ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalls eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und - beispielsweise nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, wird das OLG prüfen müssen.

Bedarfsbemessung
Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelichen Kindes richtet sich gemäß §§ 1615 l Abs.2 und 3, 1610 Abs.1 BGB nach ihrer eigenen Lebensstellung. Er stellt die Unterhaltsberechtigte so, wie sie stünde, wenn das gemeinsame Kind nicht geboren wäre. War die Mutter des gemeinsamen Kindes – wie hier – geschieden und hatte sie wegen der Betreuung eines ehelichen Kindes einen Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann, richtet sich ihre Lebensstellung und somit ihr Bedarf für den Unterhaltsanspruch gegen den Vater des später nichtehelich geborenen Kindes nach diesem Unterhaltsanspruch.

Sollten die Parteien zusammen von dem Einkommen des Beklagten gelebt haben, lägen darin freiwillige Leistungen, die der Beklagte vor Beginn des Mutterschutzes jederzeit hätte beenden können. Eine nachhaltige Lebensstellung konnten diese tatsächlichen Umstände nicht begründen, sodass es bei der Lebensstellung nach der Höhe des Unterhaltsanspruchs gegen den geschiedenen Ehegatten verblieb.

Dauer des Betreuungsunterhalts
Die für Unterhaltsansprüche ab 01.01.2008 geltende gesetzliche Neuregelung hat den nachehelichen Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB und den Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB auch zur Dauer einander weitgehend angeglichen. In beiden Fällen kann aber zunächst nur für die Dauer von mindestens drei Jahren nach der Geburt Betreuungsunterhalt verlangt werden, es sei denn, Billigkeitsgründe rechtfertigten einen längeren Unterhaltsanspruch.

Gründe, die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen können, ergeben sich gemäß §§ 1570 Abs.1 S.2 und 3, 1615 l Abs.2 S.4 und 5 BGB aus kindbezogenen Gründen. Daneben können aber auch elternbezogene Gründe für eine Verlängerung sprechen, wenn beispielsweise die Beziehung der Eltern einer Ehe vergleichbar war, also bei längerem Zusammenleben oder bei einem gemeinsamen Kinderwunsch.

Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass selbst, wenn ein Kind ganztägig im Kindergarten betreut wird, dies nicht zwangsläufig zu einer vollschichtigen Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils führt. Zusätzlich zur Betreuung insbesondere in den Abendstunden kann eine vollschichtige Erwerbspflicht überobligatorisch sein. Dieser Frage muss das OLG nachgehen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.

Ein weiterer Beitrag zum Thema:
Auch nach Unterhaltsreform müssen Alleinerziehende mit Grundschulkindern nur Teilzeit arbeiten (vom 29.05.2008)

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 18.07.2008, Quelle: BGH PM Nr. 139 vom 17.07.2008

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